Sebastian Serret Köhler

Seit Beginn des neuen Schuljahres wird der Harzer Schwimmverein in der Wettkampfmannschaft durch einen neuen Schwimmer verstärkt – der 15jährige Sebastian Serret Köhler hat seine Heimatstadt Mexiko-Stadt für ein Jahr gegen die bunte Stadt am Harz getauscht. Verständigungsschwierigkeiten gibt es zum Glück nicht – Sebastians Mutter ist eine gebürtige Wernigeröderin, sein Vater Mexikaner und Sebastian und sein 9jähriger Bruder wachsen in Mexiko-Stadt zweisprachig auf, besuchen dort die deutsche Schule, in der seine Mutter auch Deutsch und Englisch lehrt, der Vater besitzt eine eigene Ingenieurfirma.
Auch in Wernigerode war Sebastian daher schon öfter – das Austauschjahr lebt er jetzt bei seinen Großeltern und besucht die 10. Klasse des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums.

Warum aber nun Deutschland?
Sebastian meint: „Ich wollte schon immer ein Jahr in Deutschland in die Schule gehen.“ Sein Berufsziel ist klar – er möchte Medizin studieren und am liebsten dann Orthopäde werden – ein Praktikum hat er bei einem Kardiologen in Mexiko-Stadt dieses Jahr schon gemacht, alternativ kann er sich aber auch ein Lehramtsstudium vorstellen. Und dieses Studium soll dann auf jeden Fall in Deutschland stattfinden.
Aktiv schwimmen tut Sebastian schon seit gut fünf Jahren, davon die letzten drei Jahre mit sechsmal Training in der Woche à drei Stunden. Natürlich unter freiem Himmel und auf der 50m Bahn – ganz anders also als im beschaulichen Wernigerode.
In Mexiko schaffte er insgesamt viermal den Sprung zu den National Olympics, den nationalen Titelwettkämpfen, ähnlich der DJM bzw. DM in Deutschland, bei der nur die jeweils 20 Besten des Landes in den jeweiligen Altersgruppen über die einzelnen Strecken starten dürfen und wurde dort 7. über die 1500m Freistil. Mit der Staffel für Mexiko-Stadt gab es sogar mehrfach Edelmetall.
In Wernigerode hat sich sein Training jetzt erheblich reduziert, dreimal die Woche geht er noch ins Wasser. Seine Zeiten auf den langen Strecken kann er entsprechend nicht mehr halten, zu gering sind die Trainingsumfänge dafür, so Sebastian, sei er auf den Sprintstrecken schneller geworden. Natürlich kann er sein Leistungsniveau aus Mexiko hier nicht halten so der 15jährige, aber ehrlich gesagt wolle er das Training generell auch reduzieren – er habe viel mehr erreicht im Schwimmen als jemals gedacht, vom Schwimmen selber kann man nicht leben und er möchte, wie wahrscheinlich jeder Jugendliche, einfach auch mehr Zeit für sich.
In Wernigerode unterstützt er auch die Trainer im Nachwuchsbereich, insbesondere bei den Dritt- und Viertklässlern. Außerdem ist er als Übungsleiter noch zweimal die Woche für einen Wassergymnastikkurs zuständig und hilft als Fußballtrainer in Silstedt.

Generell fühlt er sich wohl im Harz, aber einiges vermisst er doch – das mexikanische Essen beispielsweise und manchmal auch die von Mexiko gewohnte Offenheit und Freundlichkeit, hier dauert es schon bis die Menschen mal lächeln. Und ihm fällt auf, so sagt er selber, dass einige Jugendliche hier nicht so richtig wissen was sie wollen oder dass viele Menschen sagen es ginge ihnen schlecht.
In Mexiko, so berichtet er, sieht man täglich schwere Armut – das gibt ihm eine andere Perspektive auf dieses Thema und auch darauf, dass man hart arbeiten muss, um weiterzukommen. Sein Vater sei da sein großes Vorbild, er hat zeitweise wirtschaftlich auch hart kämpfen müssen und nie aufgegeben.

Dass er in Wernigerode alleine unterwegs sein kann, mit dem Fahrrad, das ist schon cool – in Mexiko-Stadt fährt man nur mit dem Auto und hält sich meistens im eigenen Viertel auf.
Auch das Haus seiner Familie ist von einem hohen Zaun beschützt und wird von einem Wachmann bewacht. Generell ist die Kriminalität aber nicht so schlimm, wie oft dargestellt. Es gibt Viertel, in die sollte man besser nicht gehen und vor allem im Norden Mexikos und an den Grenzen zu den USA gibt es Drogenkriege.
In dieser Hinsicht vertritt Sebastian daher auch eine ganz klare Linie – Drogen gehen gar nicht, auch nicht die „weichen“ Drogen, auch kein Kiffen. Da ist nichts Cooles dran, zuviel hat er da in Mexiko hautnah gesehen.
Ansonsten danach gefragt was hier anders ist, sagt er: soviele Hausaufgaben wie hier gibt es zu Hause nicht und für Spanisch bekommt er von seiner Heimatschule auch noch Zusatzaufgaben geschickt, was seine Freizeit hier auch noch weiter minimiere. Da er aber sein Abitur in Mexiko machen will, muss das eben sein. Bis zum Sommer wird Sebastian nun vor allem per Skype mit seiner Familie in Mexiko Kontakt halten, auch Weihnachten verbringt er in Deutschland.
Und vielleicht, aber nur vielleicht sagt er, schafft er ja im Sommer doch die Qualifikation für die Deutschen Jahrgangsmeisterschaften und kann dann in Berlin antreten – eine tolle Erfahrung wäre es auf jeden Fall.

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