Mexiko-Stadt gegen Wernigerode – ein Jahr ist vorbei

So schnell kann ein Jahr vorbeigehen – am 4. August geht es für Sebastian Serret Köhler nach 1 Jahr in Wernigerode zurück nach Mexiko-Stadt. Ein Jahr hat der 15jährige bei seinen Großeltern – seine Mutter ist gebürtige Wernigeröderin – aber nun geht es zurück ins ferne Mexiko. Schon seit Jahren verbringt Sebastian seine großen Ferien in Deutschland und schon lange wollte er ein Austauschjahr hier machen. In Mexiko-Stadt besucht er die deutsche Schule, an der seine Mutter auch Lehrerin ist. Eine Leidenschaft teilt Sebastian mit seiner Mutter – das Schwimmen. Seine Mutter schwamm früher selber in Wernigerode und so kam in den vergangenen Jahren auch der Kontakt zum Harzer Schwimmverein auf. In Mexiko trainierte Sebastian sehr leistungsorientiert mehrmals die Woche, nahm sogar an nationalen Titelwettkämpfen teil. In Wernigerode wollte und musste er es etwas ruhiger angehen lassen. Aber wie lief denn nun eigentlich sein Austauschjahr. Darüber haben wir im Interview mit Sebastian gesprochen.

Dein Austauschjahr ist ja nun zu Ende Sebastian. Das wichtigste natürlich zuerst – wie lief es denn im Schwimmverein? Nein Spaß beiseite, wie lief es denn in der Schule und wie geht es weiter?

Ich war in der 10. Klasse am Gerhart-Hauptmann Gymnasium und habe mich in der Klasse sehr wohl gefühlt. Die Lehrer hier waren größtenteils etwas strenger als in Mexiko, aber auch ganz cool – zumindest die meisten. Da ich immer noch Zusatzaufgaben machen musste, die mir von meiner Schule in Mexiko geschickt wurden, war es manchmal ganz schön anstrengend. In Mexiko wird mir das Schuljahr anerkannt, ich steige also dort direkt in der 11. Klasse wieder ein und gehe dann quasi bald in die Abiturvorbereitung.

Nun aber zum Schwimmen, wie hast du deine Zeit im Harzer Schwimmverein erlebt? Was hast du gemacht?

Mein eigenes Training habe ich sehr reduziert, aber im Harzer Schwimmverein habe ich, wie erwartet, eine neue Heimat gefunden. Ich habe selber noch zweimal die Woche trainiert und bin auch bei einigen Wettkämpfen gestartet – mein absolutes Highlight war der Start ins Esbjerg in Dänemark. Eine tolle Veranstaltung und ein tolles Gefühl. Ich habe aber auch als Übungsleiter gearbeitet. Zum einen im Erwachsenenbereich in der Wassergymnastik, aber auch – und das hat mir viel Spaß gemacht – zur Unterstützung im Wettkampfbereich also insbesondere mit der LG II. Total super ist auch wieviel der Verein außerhalb des Schwimmbeckens macht – eine solche Vielfalt auch im Breitensport bin ich aus Mexiko nicht gewohnt. Ich habe echt gute Freunde gefunden und hatte auch zum Trainerteam ein super Verhältnis.

Hat die denn deine Arbeit im Verein auch was für deine Zukunft gebracht?

Ja, etwas Entscheidendes sogar. Ich hatte mir ja eigentlich immer vorgestellt Arzt zu werden, aber meine Arbeit im Verein hat mir dann einen neuen Weg gezeigt – ich möchte gerne Lehrer werden und Lehramt für Biologie, Spanisch und Sport studieren. Natürlich in Deutschland, vorzugsweise in Jena oder Leipzig. Natürlich spielen dabei auch die hohen Hürden eine Rolle, die man für ein Medizinstudium in Deutschland überspringen muss. Ob ich den Numerus Clausus schaffen kann, bezweifle ich, auch wenn ich natürlich ein sehr gutes Abi anstrebe. Allerdings möchte ich auch Lehrer am Gymnasium werden – so viel Spaß wie mir die Arbeit mit der LG II gemacht hat, also Sportlern der 3. und 4. Klasse – ein Grundschullehrer hat da schon ganz schön zu tun, in dem Alter sind die meisten doch noch sehr quirlig.

Und wie sieht es mit deinen eigenen Schwimmambitionen aus?

Also zurück in Mexiko werde ich das leistungsmäßige Training nicht wiederaufnehmen, sondern eher im Breitensportbereich schwimmen, also zu Fitnesszwecken. Zum einen muss ich mich auf mein Abi konzentrieren, aber nach einem Jahr Auszeit wäre es auch unglaublich schwer den Anschluss wieder zu schaffen, vor allem, da mir eher die langen Strecken liegen, also beispielsweise die 1.500m Freistil – und das heißt große Kilometerumfänge im Training zu schwimmen, die ich jetzt einfach ein Jahr nicht hatte. Das ist aber nicht schlimm, das wusste ich vorher. Bis zu meinem Rückflug werde ich noch im Waldhofbad als Rettungsschwimmer eingesetzt – auch eine neue und tolle Erfahrung.

Was ändert sich jetzt bei deiner Rückkehr nach Mexiko? Was wirst du vermissen?

Was toll ist – in Mexiko kann ich jetzt meinen Führerschein machen, den gibt es bei uns schon mit 16 Jahren. Im September an meinem 16. Geburtstag darf ich dann auch fahren. Neben meinen ganzen Freunden und dem Verein an sich werde ich viele Freiheiten vermissen, die ich in Wernigerode hatte und die es aus Sicherheitsgründen in Mexiko-Stadt nicht mehr geben wird. Während ich hier mit dem Fahrrad fahren konnte und abends auch noch alleine unterwegs sein durfte, geht das in Mexiko aus Sicherheitsgründen nicht mehr. Da erledigen wir alles mit dem Auto und ich kann abends nur in Begleitung Erwachsener raus – ab 22.00 Uhr am besten gar nicht mehr. Da sind die Straßen dann einfach nicht mehr sicher. Ich würde auch gerne in Mexiko als Trainer jobben, befürchte aber, dass man mir das nicht anbieten wird, die Strukturen sind einfach ganz anders als hier.

Ein Fazit?

Meine Zeit hier war toll und ich bereue nicht diesen Weg gegangen zu sein. Ich wurde ganz herzlich aufgenommen und alle haben mir geholfen. Nach meinem Abitur hoffe ich ja wie gesagt auch wieder nach Deutschland zu kommen. Wernigerode ist schon meine zweite Heimat geworden. Und der Harzer Schwimmverein ganz besonders.

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